KI Tarifiert - Begründet?

Die grosse Chance von KI im Bereich Trade Compliance.


Wir widmen uns dem Thema der Stunde.


Zu Recht! Weil es die Aufmerksamkeit verdient: KI steckt voller Verheissungen. 🤖


Die kritische Stimme in dir meldet sich vielleicht, wenn du an KI-Anwendungen in bestimmten Bereichen deines (Arbeits-)lebens denkst. Aber was ist beim genauer Betrachten schon nicht risikobehaftet? Restrisiken gibt es immer, egal ob im Sport, beim Pommes-Essen, beim Umgang mit sensiblen Daten.

Daher sollten wir lieber den Chancen der KI eine Bühne bieten.

Welche grosse Chance ich darin sehe, findet ihr im unteren Teil des Blogs.

 

Wie weit lässt man KI Einzug halten?

Im Privaten ist der Umgang mit der künstlichen Intelligenz oft von Werten getrieben - es wird zum Grundsatzentscheid.

Im Geschäftsleben dagegen wird KI-Frage (zum Glück!) differenzierter betrachtet und ist und an Messgrössen wie Effizienzsteigerung, Rechtmässigkeit, Risiken und Tragweite und natürlich an die Kosten-/Nutzenschwelle gebunden.

Ganz zu schweigen von Fakten wie dem Standort des Servers, oder der Nutzung von Daten.

 

Ja - und nun: Das Tarifieren?

KI kann's.

 

Die Trefferquote beim Tarifieren mit KI ist hoch, je nach dem, wen man fragt, sogar sehr hoch.

Das kann zum einen an der tatsächlichen Richtigkeit liegen, allenfalls aber auch an der fehlenden Beurteilungsfähigkeit resp. an der Erleichterung, die sich einstellt, wenn man eine plausible Tarifnummer mit Begründung vorweisen kann?


Es gibt diverse Anbieter und darunter welche mit immer satter werdenden Marktanteilen. 

Natürlich habe ich das KI-Tarifieren auch ausprobiert. 

 

➡️ Mein persönliches Fazit ist:

Funktionsweise: Grossartig einfach

Kundennutzen durch Effizienzgewinn: Hoch

Zusatznutzen je nach Anbieter:  Erweiterte Information zu geltenden Restriktionen: toll

Schwachstellen durch Anwendungsfehler:  Gering, aber vorhanden, insbesondere im Industriegüterbereich bei XV und XVI

Restrisiko:  Vorhanden.

Menschliche Fachkräfte verfügbar beim Anbieter für Rückfragen: Bei allen Anbietern vorhanden.

Die Richtigkeit vom Resultat:  Wage ich nicht generell zu be- und verurteilen, dazu habe ich zu wenig Testläufe gemacht.

Fakt ist: ohne firmeninternes Fachwissen, kann die anwendende Person die Richtigkeit nicht überprüfen.

Ich habe ein Beispiel eines Artikels gsehen, welcher vom BAZG (Schwerierischen Zollverwaltung) zu einer anderen Zolltarifnummer gehörend entschieden wurde als von der KI befunden (Dieselbe Artikel-Nr.).

 

Das wohl wichtigste Kriterium fehlt noch bei meinem stichwortartigen Fazit:

Die Begründung.

Warum? Weil sich dieser Punkt nicht mit ein paar wenigen Worten auf den Punkt bringen lässt - oder ich es nicht kann.

Jedenfalls ist die Begründung eines Zolltarifentscheids, neben dessen Richtigkeit, das Allerwichtigste - Unabhängig davon, ob der Entscheid bei der Vergabe der Tarifnummer ein Mensch oder eine KI fällt. Sie ist die Prüfspur, die belegt, dass die Ziffern der Tarifnummer nicht wie Lottozahlen nach Gutdünken aneinandergereiht worden sind.

Ist die Tarifnummer falsch, ist auch die Begründung falsch. Ist die Begründung richtig, ist auch die Zolltarifnummer richtig.


Was eine Begründung zu einer Zolltarifnummer ist, und was nicht, verdient fast schon einen eigenen Blog. (Nein, "Hat mein:e VorgängerIn so tarifiert", ist keine Begründung, ebenso wenig wie «Hat die KI-Software so tarifiert»).

 

Datenquelle für KI-Tarifierung:

Die aus meiner Sicht präziseste und transparenteste KI-Lösung bedient sich für die Begründung primär in der besagten Datenbank für Tarifentscheide der EU (selektive EU-Länder) und der Schweiz. Die Tarifnummer begründet besagte KI-Lösung mit dem Tarifentscheid und den zugrundeliegenden Allgemeinen Vorschriften der WZO, den Abschnitts- und Kapitelanmerkungen und Erläuterungen. Zusätzlich zu der Datenbank greift sie auf die Nomenklaturen (Zolltarifverzeichnisse) bestimmter Länder zu, nebst dem Harmonisierten System (HS) der ersten 6 Ziffern. 


Begriffserklärung Tarifentscheid:

Durch ZöllnerInnen*gefällte Entscheide anhand geprüften Mustern und/oder technischen Zeichnungen, die entweder in Eigenregie bei einer Kontrolle durch den Zoll oder auf Anfrage resp. als Dienstleistungen für die Wirtschaftsbeteiligten durchgeführt werden. Zweitgenannte sind kostenpflichtig. Es sind in beiden Fällen verbindliche Entscheide, welche während der mehrjährigen Geltungsdauer des Entscheids zwingend im Import und Export zur Anwendung kommen müssen.


(*Bitte um Nachsicht, wenn nicht alle gängigen Berufsbezeichnung für bei Zollverwaltungen angestellte Menschen mit Fachgebiet Zolltarifeinreihung,  hier aufgeführt sind 🛃 ).

 

Diese Datenquellen sind aus meiner Sicht für die Begründung präzise und transparent, was jedoch nicht bedeutet, dass die Zolltarifnummer dadurch richtig ist. Schliesslich lag den ZöllnerInnen zum Zeitpunkt des Tarifentscheids nur ein Artikel vor, mit den individuellen Eigenschaften dieses einen betreffenden Artikels. 

Die durch die KI abgefragten Artikel sind nicht dieselben (auf der Nämlichkeitsebene), es wird lediglich eine Annahme getroffen (AV4 =  nach Allgemeiner Vorschrift Nr. 4 der WZO, für diejenigen, die das nachlesen wollen)

Was ich mich bei der Anwendung der KI-Lösung gefragt habe: Inwiefern beeinflusst es die KI-Lösung, wenn ich die Verwendung exakter beschreibe? Inwiefern, wenn ich nur eine technische Zeichnung hochlade, in der es die Verwendung selbst eruiert anhand Informationen aus Bezeichnung und Material, und Produktbroschüre?

 

Das Tarifieren mit KI kommt nicht um dieselben entscheidenden Fragen umher, die auch beim "handwerklichen" Tarifieren entscheidend sein können. Was soll wie gewichtet werden und weshalb? Welches ist das charaktergebende Material? Ist die Verwendung entscheidend?

 

Schon morgen kann der/die nächste ZöllnerIn den Artikel anders beurteilen, als es der-/diejenige im Zolltarifentscheid damals tat.

Dieses Restrisiko ist so alt wie die Zolltarifnummer selbst.

 

Es bleibt also die Notwendigkeit, sich mit dem Tarifierungswissen auseinanderzusetzen zu einem bestimmten Grad, um die Verantwortung im Unternehmen wahrnehmen zu können. 

Nur dann kann der Zolltarifnummernvorschlag der KI als möglicherweise richtiger Anhaltspunkt betrachtet und bewertet werden.

Die Verantwortung für die Richtigkeit trägt nach wie vor die Unternehmung, welche die Zolltarifnummer auf den Betriebsbelegen angibt zum Zeitpunkt des Exports, der Lieferung und der Kontrolle. 

Wer sich bei Zollbehörden im Falle einer Prüfung sicher immer Probleme einfährt ist, wer sich gar nicht nachweislich mit der Zolltarifnummer befasst.


➡️ Hier sehe ich die grosse Chance für die Fachwelt.

Wenn KI tarifiert, schaut eine sich dieser Verantwortung bewusst wissende Unternehmung genau hin. Denn: Wer gibt schon gerne das Heft aus der Hand? 🧐


Begründungen will man nachzuvollziehen, im Wissen, dass die KI selbst keine Verantwortung trägt. Das schärft die Betrachtung, sensibilisiert für die zugrundeligenden Regeln, anhand derer die gewählte Tarifnummer zustande kam. 

Gut möglich, dass die KI richtig liegt und man das erkennen kann im Vergleich zum eigenen Vorschlag. Weil man nicht immer alle Anmerkungen und Erläuterungen kennt oder gelesen hat.


Hat die Verantwortung eine Person in Ihrem Unternehmen, ist aus meiner fachlichen Sicht die Grosse Chance von KI darin, dass man einen versierten digitalen Kollegen befragt und von diesem einen wertvollen und gut begründeten Tarifierungsvorschlag erhält.


Im derzeitigen Umfeld ist die Relevanz der richtigen Zolltarifnummer höher denn je.

Durch das Tarifierungsresultat mit KI hat Kunde und Kundin eine Orientierungshilfe, um nach bestem eigenem Wissen und Gewissen einverstanden zu sein. Oder zu sagen: Nein, sehe ich anders, weil: Ich in diesem Metier ausgebildet bin und für meine Unternehmung eine andere Tarifnummer als richtig erachte, aufgrund (Begründung folgend).


An dieser Stelle möchte ich gerne auf die etablierten und qualifizierten Schweizer Zollberatungsunternehmen verweisen, welche Schulungen für Firmen im Bereich Zolltarifwissen anbieten.


➡️ Ich freue mich jedenfalls, bis KI fachsimpeln kann. 


Bis dahin stehe ich gerne zur Verfügung! Für alle, die keinen digitalen, sondern menschlichen Profi an Ihrer Seite wollen für einen Tarifnummernvorschlag. Wenn es eine Zweitmeinung benötigt, wenn Tarifstammdaten überarbeitet werden sollen und natürlich, wenn HS-Code Support aus firmeninterner Sicht der optimale Partner für die Durchführung solch eines Vorhabens ist

 

28. März 2025
Hosen für Mädchen werden anders tarifiert als Hosen für Jungs. Warum das?